Heilpädagoginnen und Heilpädagogen: die Ausbildung zwischen erziehen und pflegen
Vieles, was ein durchschnittlicher Mensch in seinem Leben als selbstverständlich wahrnimmt, ist für Menschen mit einem körperlichen oder geistigen Handicap, mit Lern- oder Wahrnehmungsschwierigkeiten eine tagtägliche Herausforderung. Unterstützt werden sie, abgesehen von ihrem sozialen Umfeld, von engagierten Heilpägog/innen, die eine Ausbildung mit einem Fokus auf die Bedürfnisse ihrer späteren Zielgruppe abgeschlossen haben und einen ganzheitlichen Betreuungsansatz verfolgen.
Ziel der therapeutischen Förderung und pädagogischen Erziehung durch die Heilpädagog/innen ist, die Persönlichkeit, Eigenständigkeit, Gemeinschaftsfähigkeit zu entwickeln sowie den Entwicklungs- und Bildungsstand ihrer Klienten zu fördern. Auf diesem Weg soll die Lebensqualität gesteigert und eine Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht werden.
Heilpädagogen: Ausbildung und Anforderungen
Die Ausbildung zum Heilpädagogen bzw. zur Heilpädagogin wird grundsätzlich als Aufbauausbildung angeboten, die Interessenten müssen also bereits eine Ausbildung oder ein Studium im pädagogischen Bereich absolviert haben. Üblicherweise interessieren sich Erzieher/innen oder Heilerziehungspfleger/innen mit mehreren Jahren Berufserfahrung für dieses Angebot als eine Erweiterung ihrer bisherigen Tätigkeit. Für die Zulassung wird neben der grundständigen Ausbildung ein ärztliches Attest sowie ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis verlangt. Üblicherweise benötigen die angehenden Heilpädagogen für die Ausbildung zwischen 1,5 und 4 Jahre. Bei besonders ausgeprägtem Vorwissen kann die Vollzeitausbildung, die durchschnittlich zwei Jahre in Anspruch nimmt, um ein halbes Jahr verkürzt werden. Wird sie hingegen berufsbegleitend durchgeführt, kann sich die Ausbildung auch über vier Jahre erstrecken. Sie schließt mit einer Prüfung ab, welche die Teilnehmenden als staatlich geprüfte Heilpädagog/innen auszeichnet.
Bei einer entsprechenden Hochschulzulassung kann Heilpädagogik ebenfalls an einer Hochschule studiert werden.
Die persönlichen Eigenschaften, welche die angehenden Heilpädagog/innen für ihre Ausbildung und auch die spätere Berufsausübung benötigen, sind hierbei:
- Beobachtungsgabe
- Geduld
- Zusammenhänge erkennen
- Menschen in ihrer Lebenswelt annehmen und fördern
- Selbstständigkeit
- Organisation
- Planungskompetenz
Die Themenfelder der Ausbildung im theoretischen Teil teilt sich in Pflicht- und Wahlpflichtfächer auf. Zum Pflichtprogramm für Heilpädagoginnen und Heilpädagogen in der Ausbildung gehören folgenden Lernfelder:
- Allgemeine und spezielle Heilpädagogik (Diagnostik, Methodik, Didaktik)
- Heilpädagogische Konzepte
- Medizin
- Psychologie
- Soziologie
- Rechtswissenschaften
- Ethik und Philosophie
- Inklusions- und Kulturpädagogik
- Handlungsformen und Methoden
- Qualitätsmanagement und Organisation
Die Wahlpflichtfächer bestehen unter anderem aus Themen wie Pflege, Gebärdensprache oder Basale Stimulation, mit denen sich die Azubis ihre Weichen für das spätere Berufsleben stellen können.
Zusätzlich zum theoretischen Teil absolvieren die Heilerzieherinnen und Heilerziehern in der Ausbildung einen fachpraktischen Teil, in dem sie das neuerlernte Wissen mit Unterstützung anwenden und so erste berufliche Erfahrungen sammeln können.
Nach der Ausbildung: Heilpädagogen und Stellenangebote
Die beruflichen Möglichkeiten für Heilpädagoginnen und Heilpädagogen nach der Ausbildung sind vielfältig. Sie finden Stellenangebote in folgenden Einrichtungen:
- sozialpädagogische Familienhilfe
- integrativen Schulen und Kindergärten
- heilpädagogische Praxen, Heime oder Tagesstätten
- Frühförderstellen
- schulische Förderzentren
- Jugendsozialarbeit
- Sonderschulen
- Einrichtungen für Menschen mit Behinderung
- Kliniken und Krankenhäuser
- Kinder- und Jugendpsychiatrie
- rehabilitative Einrichtungen
- Beratungsstellen
Die Betreuung in diesen Einrichtungen kann unterschiedlich zeitaufwändig und intensiv sein, von einem eher weniger individuellen Bezug zu einer Person bei der Gruppenarbeit bis hin zu Einzelbetreuung einer Person zuhause, bzw. als Stütze bei der Integration in einen Regelkindergarten, einer Schule oder in einem beruflichen Umfeld. Oft legen die Heilpädagoginnen und Heilpädagogen in der Ausbildung bereits für einen Zweig und eine bestimmte Zielgruppe, dazu kann ein bestimmtes Alter ebenso gehören wie die Art der Behinderung.
Darüber hinaus variieren die Arbeitszeiten der verschiedenen Tätigkeiten: bei einer Stelle in einer Wohngruppe oder in der Einzelbetreuung sind die Heilpädagog/innen eventuell zum Schicht- oder Bereitschaftsdienst und zur Arbeit am Wochenende und an Feiertagen verpflichtet.
Karrieremöglichkeiten für Heilpädagog/innen
Oft sammeln Heilpädagoginnen und Heilpädagogen nach der Ausbildung für ein paar Jahre praktische Berufserfahrung und entwickeln mit dem erworbenen Wissen ihre Methoden und Arbeitsweisen weiter. Weiterbildungen und Spezialisierungen helfen hierbei, die Arbeit qualitativ zu verbessern, sich ein weiteres Gebiet der Heilpädagogik zu erschließen oder vertiefend in eine Thematik einzusteigen.
Ein Studium oder eine Weiterbildung in einem fachwirtschaftlichen Bereich kann ebenfalls hilfreich sein, um in einer Einrichtung eine leitende Stelle zu besetzen oder sich mit der eigenen Praxis selbstständig zu machen. Eine weitere Option, die aber eine gewisse Berufserfahrung und Fachwissen verlangt, ist die Tätigkeit der Supervision.
Mit einer entsprechenden Hochschulzulassung ist ein fachverwandtes Studium, z. B. der Sozialen Arbeit, der Heilpädagogik oder der Erziehungswissenschaften eine gute Möglichkeit, tiefer in die Materie einzusteigen und eine Karriere in Richtung Lehre, z. B. um neue Heilpädagoginnen und Heilpädagogen in der Ausbildung zu unterrichten, und Forschung zu verfolgen.